Fachvortrag „Erfolgreicher Strauchbeerenanbau im Hausgarten“

Am 28. November 2018 hatte die Fachwartvereinigung zu einem Fachvortrag „Erfolgreicher Strauchbeerenanbau im Hausgarten“ mit Schwerpunkt auf Him- und Brombeere von Gunhild Muster eingeladen, der Beerenexpertin der Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) Weinsberg. Die Veranstaltung fand in Sindelfingen im Haus Sommerhof statt. Insgesamt 18 Teilnehmer fanden sich ein, davon 4 Gäste.

Zunächst wurde die Versuchsanstalt mit ihren vielfältigen Tätigkeitsfeldern vorgestellt. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt in Heuchlingen 10,1 °C, der Jahresniederschlag durchschnittlich 705 mm.

Allgemeines

Das Beerenobst wird eingeteilt in folgende Gattungen:

  • Erdbeeren,
  • Rote Johannisbeeren,
  • Schwarze Johannisbeeren,
  • Stachelbeeren,
  • Himbeeren,
  • Brombeeren,
  • Kultur-Heidelbeeren,
  • Wald-Heidelbeeren,
  • Tafeltrauben.

Beim jeweiligen Ertrag erzielen im Durchschnitt Himbeeren 1 kg, Brombeeren 1,5 kg und Heidelbeeren 2–3 kg pro laufendem Meter. Zur Berechnung des Ertrags beispielsweise bei einer Himbeerhecke am Drahtgerüst werden angenommen:
8–10 Ruten pro laufendem Meter, 6–15 Fruchttriebe pro Rute, 10–25 Früchte pro Fruchttrieb, 3–4 Gramm durchschnittliches Einzelfruchtgewicht, wobei die Früchte anfangs größer sind und später weniger wiegen. Eine Berechnung ergibt demnach:
10 Ruten × 6 Fruchttriebe × 10 Früchte × 3,5 g = 210 g pro Rute, also 2,1 kg pro laufendem Meter. Der Wunsch im Erwerbsobstbau geht eher Richtung 4 kg pro laufendem Meter, hier beträgt die Rutenlänge 1,8 m mit jeweils etwa 35 Knospen.

Bei der Brombeere sitzt 1 Pflanze pro laufendem Meter mit 4–6 Ruten pro Pflanze, 8–12 Fruchttrieben pro Rute, 8–15 Früchten pro Fruchttrieb bei 5–8 g pro Frucht.

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Ansprüche

Es gilt zu beachten, dass Beerensträucher Ansprüche an Licht, Temperatur, Bodentemperatur, Wind, Luftfeuchte, Wasserangebot, Nährstoffe und Bodenstruktur haben. So ist ein optimaler Beerenstandort hell, wobei 10.000–20.000 Lux ideal sind, warm bei etwa 22 °C, windgeschützt und mit relativ hoher Luftfeuchte von 60 % bei ausreichenden Niederschlägen, der Boden soll humos sein und eine gleichmäßige Wasserführung ermöglichen, der pH-Wert des Bodens leicht sauer bei pH 5–6. Im Erwerbsobstbau wird ein „Wohlfühlklima“ erzielt durch Einsatz eines Tunnels. Für den Hausgarten ist zumindest ein Regendach zu empfehlen. Generell sind Erdbeeren sowie Him- und Brombeeren regenempfindlich, da die Früchte gerne faulen.

Himbeeren

Faktoren für einen guten Ertrag sind unter anderem ein optimales Kleinklima sowie ein optimaler Wurzelraum: In Heuchlingen stehen derzeit in der Testung Himbeeren der Sorte „Tulameen“ im Tunnel, jede Pflanze im Topf, wobei „Tulameen“ 1 m lange Seitentriebe bildet und an Ertrag 1 kg pro Rute bringt.

Aufmerksame Zuhörer

Für den Hausgarten ist also beachtenswert:

  • der Wurzelraum,
  • das Kleinklima,
  • die Gesundheit der Pflanzen.

Eine Verbesserung des Wurzelraumes kann geschehen durch ein aktives Bodenleben sowie einen ausreichenden Wasserhaushalt, der jedoch jede Staunässe vermeidet. Das Kleinklima kann optimiert werden durch Einsatz eines Windschutzes und dass Niederschläge die Pflanze nicht direkt treffen. Die Pflanzengesundheit wird verbessert durch Förderung von Insekten in jeder Form, insbesondere durch das Angebot von Wildbienenhotels oder der Anlage von Blühstreifen, was der Bestäubung zugute kommt.

Ein weiterer Tipp ist, dass etwas Schnittgut vom Apfelbaumschnitt in die Beerenanlage eingebracht werden soll; die aufsitzenden Raubmilben wirken in Himbeeren gegen Spinnmilben.

alle Bilder: Bruno Böhmler
alle Bilder: Bruno Böhmler

Muss eine Bodenverbesserung vorgenommen werden, ist dies sinnvollerweise vor der Pflanzung der Beerensträucher durchzuführen. Hier sind denkbare Maßnahmen:

  • Drainage,
  • Damm,
  • Kompost,
  • Mulchabdeckung,
  • Düngung,
  • Bewässerung,
  • Tropfberegnung.

Eine Dammkultur ist empfohlen für schwere Böden. In einem Damm findet eine wesentlich bessere Durchwurzelung statt, wie ein Versuch gezeigt hat: Die Wurzeln wurden – durch eine eingebrachte Folie sichtbar geworden – abgezeichnet und ausgewertet. Der Damm sollte etwa 30 cm hoch und 80 cm breit sein. Es ist zu beachten, dass die Lockerheit des Bodens nach Jahren allerdings verloren geht. Bei der Düngung muss berücksichtigt werden, dass nicht zuviel Stickstoff eingebracht wird.

Bei der Bewässerung stellen sich die Fragen: Wie bewässern? Wann? Und wieviel? Zunächst erbrachte ein Versuch mit der Himbeersorte „Meeker“ mit Bewässerung einen Ertrag von 94,5 kg/100m² und ohne Bewässerung 62,4 kg/100m². Im Hausgarten wird die Bewässerung klassisch mittels Gießkanne durchgeführt, aber auch hier ist der Einsatz eines Tropfschlauches denkbar, eventuell sogar in Verbindung mit einer Zeitschaltuhr, die im Handel recht günstig geworden ist. Dabei sind zwei parallelgeführte Tropfschläuche besser als nur einer, weil die Bewässerung so nur die halbe Zeit in Anspruch nimmt. Nicht zu viel bewässern: Eine Vernässung ist auf jeden Fall zu vermeiden – besser regelmäßig und dann nur wenig. In der Reifephase hat eine günstige Bewässerung den größten Einfluss auf die Fruchtgröße. In Heuchlingen kommen Tensiometer zum Einsatz, das sind Messgeräte, die anhand der Bodenwasserspannung die Bodenfeuchte messen. Sie werden etwa 20–30 cm tief in den Boden gesteckt. Ein angezeigter Wert von beispielsweise 400 hPa bedeutet einen gut mittelfeuchten Boden.

Die Referentin Frau Gunhild Muster bei ihrer Präsentation

Himbeeren werden am Drahtgerüst erzogen, das heißt: Alle Ruten werden an Haltedrähten angebunden. Allerdings kommen in Heuchlingen die Jungruten auch in der Mitte der Fahrgasse aus dem Boden, was auf ein weitverzweigtes Wurzelsystem schließen lässt. Bei der Auswahl der hochzubindenden Ruten werden die mitteldicken und nicht etwa die ganz dicken Ruten verwendet, da diese häufig mit Botrytis infiziert sind.

Erntezeitpunkt

Es wurden auch Versuche zur Ermittlung des Erntebeginns angestellt, dieser ist jeweils auf den Termin 1. Juni bezogen. Der Ernteverlauf der einzelnen Himbeersorten ist: „Malahat“ +21 Tage, „Glen Ample“ +25 Tage, „Tulameen“ +30 Tage, „Schönemann“ +32 Tage, „Octavia“ +35 Tage. Die Sorte „Weirula“ schließlich ist die am spätesten reifende.

Ein Sortenversuch mit „Malling Freya“, „Glen Fyne“, „Malahat“ und „Glen Ample“ ergab, dass „Malling Freya“ am allerfrühesten reift: Im Jahre 2017 reifte sie 10 Tage nach dem 1. Juni und 2018 sogar nur 2 Tage nach 1. Juni. Dabei war der Ertrag 2018 deutlich geringer, der Herbst zuvor war nasskalt während der Blütezeit.

Krankheiten und Schädlinge

Typische Fruchtgrößen sind beispielsweise bei „Meeker“ 3 g, bei „Tulameen“ 5–6 g. Obwohl die Früchte bei „Meeker“ kleiner sind, sind sie fest und robust, was positiv zu werten ist. Die Sorte gilt auch als vektorresistent, während „Tulameen“ für den Hausgarten nicht empfohlen wird, sie ist gleich dreifach anfällig, nämlich für Rutenkrankheit, Wurzelkrankheit sowie Fruchtfäulen. Die Sorte „Glen Ample“ wird gern von der Himbeerblattmilbe befallen, Symptome sind chlorotische Aufhellungen des Blattes und die seidigen Haare an der Blattunterseite fehlen. Das Schadbild sieht aus wie ein Virusbefall. Hiergegen kann im Frühjahr und Herbst Schwefel gespritzt werden. Die Sorte „Autumn Bliss“ zeigt mitunter einen Befall mit dem Verzwergungsbuschvirus.

Im Jahre 1991 wurde in Heuchlingen für eine Strauchbeerenpflanze mit 15 Jahren Standzeit gerechnet, heute sind es durchschnittlich noch 3 Jahre, die Sorte „Malling Freya“ ist zwischenzeitlich schon wieder gerodet. Generell wird empfohlen, nicht Himbeere nach Himbeere zu pflanzen, die Gefahr der Wurzelfäule ist einfach zu groß.

Herbsthimbeeren

Erwähnenswerte Herbstsorten sind „Autumn Bliss“, „Himbo-Top“ und „Polka“. Allerdings werden die Herbstsorten gern von der Kirschessigfliege befallen, hiervon sind auch Brombeeren und Heidelbeeren gefährdet. Es zeigte sich in der Praxis, dass eine Einnetzung den Befall zwar hinauszögert, aber letztlich nicht verhindern kann. Herbsthimbeeren werden nicht so hoch wie Sommerhimbeeren, man lässt sie durch ein Drahtgitter hindurchwachsen, weshalb dieses auch niedrig angebracht wird. Die Früchte bilden sich nur im oberen Bereich. Der Erwerbsobstbau schneidet nach der Ernte nicht die gesamte Altrute, sondern nur die abgetragene obere Ertragszone weg, was bewirkt, dass sich im nächsten Jahr die Fruchtzone unten bildet – was einem „remontieren“ (noch einmal blühen) im wahren Wortsinn entspricht. Durch diese Vorgehensweise haben Herbsthimbeeren einen neuen Aufschwung bekommen.

Brombeeren

Brombeerpflanzen werden im Abstand von 1 m gepflanzt. Falls empfohlenermaßen 3 Ruten aus einer Pflanze gezogen werden, wird ein Abstand von etwa 30 cm zwischen den Ruten angestrebt. Bei noch mehr belassenen Ruten ergibt sich ein Qualitätsverlust durch eine insgesamt verringerte Fruchtgröße. Beim Schnitt wird die Höhe auf 160 cm begrenzt und die Seitentriebe auf 2–3 Augen eingekürzt. Sehr lang gewachsene Seitentriebe kürzt man besser auf 5–6 Augen ein, weil sonst zuviel Neuaustrieb erfolgt.

Interessiertes Publikum

Bei den Brombeeren werden die Sorten „Loch Ness“ und „Navaho“ für den Hausgarten empfohlen. „Asterine“ ist eine neuere Sorte mit gutem Fruchtgeschmack, diese dürfte jedoch im Handel noch nicht zu haben sein.

Als Krankheit macht eine Phytoplasmose, die „Rubus-Stauche“, zu schaffen. Sie tritt an Him- und Brombeere auf. Phytoplasmosen greifen in den Stoffwechsel der Pflanze ein, als Folge kann sich zum Beispiel eine weitere Blüte aus der Frucht heraus entwickeln. Außerdem bildet eine derart befallene Pflanze viele dünne Jungruten mit maximal etwa 30 cm Länge. Leider gibt es kein Gegenmittel gegen diese Krankheit und es bleibt nur die Rodung übrig. In den letzten Jahren ist ein Befall mit dieser Krankheit stärker aufgetreten.

Heidelbeeren

Bei der Heidelbeere wird unterschieden zwischen Wald-Heidelbeere und Kultur-Heidelbeere. Während die Wald-Heidelbeere bekanntermaßen im Wald und niedrig wächst, kommt die Kultur-Heidelbeere natürlicherweise auf moorigen Standorten Nordamerikas vor und bildet dort große Büsche. Sie gehört zur Gruppe der Northern Highbush Blueberries in der Pflanzenfamilie der Heidekrautgewächse. Der Strauch fruchtet am einjährigen Holz und bildet nur wenig Basistriebe.

Das Pflanzsubstrat soll reich an Holzanteilen für eine notwendige Mykorrhizierung sowie gut durchlüftet sein. Wird Sägemehl verwendet, muss dies abgelagert sein und gut aufgedüngt werden. Weißtorf ist ein probates Mittel, allerdings soll nicht nur Weißtorf allein verwendet werden, weil darin die notwendigen Mykorrhiza-Pilze fehlen. Im Erwerbsobstbau wird ein Anbau im Rinnengraben, als Dammkultur oder in Kombination mit beiden Möglichkeiten bevorzugt. Bei einer Dammkultur sollte die Größe des Dammes 80 × 50 cm sein, bei einer Kombination der Damm 50 cm und die Rinne 20 × 20 cm. Bei einem Damm muss immer wieder das Substrat ergänzt werden, insbesondere verwendetes Sägemehl sackt zusammen. Auch eine Containerkultur ist denkbar; größere Gefäße mit 90 Liter Volumen frieren im Winter nicht durch, kleinere mitunter schon. Die Heidelbeere ist ein Flachwurzler.

Helmut Schmalz dankt Gunhild Muster für den Fachvortrag

Die Hauptsorte, auch im Hausgarten, ist „Bluecrop“, sie ist ertragreich und unempfindlich gegen pH-Schwankungen des Bodens. Die Sorte „Duke“ weist die früheste Reifezeit auf. Auch „Reka“ ist empfehlenswert und gehört zu den eher frühen Sorten.

Der Schnitt der Heidelbeere ist dem Schnitt der Schwarzen Johannisbeere ähnlich: Ein alter Basistrieb wird abgesetzt, Jungtriebe entstehen gern aus altem Holz und müssen nicht aus der Wurzel kommen. Die Früchte wachsen in Büscheln an Seitentrieben, abgetragene Triebe werden regelmäßig ganz entfernt, vergreistes Holz kommt weg. Beim Schnitt eines Strauches muss für eine gute Belichtung gesorgt werden. Termin zum Schneiden der Heidelbeere: Sie ist ab Triebabschluss schneidbar. –

Fragerunde nach dem Vortrag

Fragerunde

Nach dem Vortrag bestand für das Publikum die Möglichkeit, Fragen loszuwerden:

  • Warum bekommt meine Brombeere stets gelbe Blätter?
    Diese Chlorose könnte mehrere Ursachen haben, es kann eine Wurzelkrankheit sein oder der pH-Wert des Bodens stimmt nicht, auch eine Rutenkrankheit in der Basis ist denkbar und selbst ein Mausschaden kann nicht ausgeschlossen werden.
  • Hat sich bei den Herbsthimbeeren seit Einführung der Sorten „Himbo-Top“ und „Polka“ geschmacklich etwas geändert?
    Nein, beides sind Topsorten, „Himbo-Top“ hat die etwas helleren Früchte, „Polka“ ist die beste Sorte mit ihren dunkelroten Früchten, allerdings nicht so ertragreich. Bei den Sommerhimbeeren ist übrigens „Tulameen“ die Topsorte.
  • Wann ist in Heuchlingen wieder ein Tag der offenen Tür?
    Der dürfte erst wieder in drei Jahren stattfinden, ein Besuch ist aber empfehlenswert.
Freude über einen gelungenen Vortrag

Über Bruno Böhmler

Jahrgang 1956. Fachwart für Obst und Garten seit 2003. Danach kamen immer weitere Qualifikationen hinzu, beispielsweise: LOGL-geprüfter Obstbaumpfleger, Heckengäu-Naturführer, kommunaler Baumwart (entspr. staatl. geprüft), Pflanzendoktor der Gartenakademie, FLL-zertifizierter Baumkontrolleur, Baumwertermittler.