Fachvortrag „Wassermanagement im Garten“

Die Fachwartvereinigung hatte zum 8. November 2019 Herrn Dr. Michael Ernst von der Staatsschule für Gartenbau in Stuttgart-Hohenheim zu seinem Vortrag „Wasser­management im Garten“ nach Schafhausen eingeladen. Hierzu konnten nicht nur viele Fachwarte, sondern auch interessierte Mitglieder von umliegenden Obst- und Gartenbauvereinen begrüßt werden. Die Gartenbauschule in Hohenheim besteht seit 1780, sie ist die älteste Schule für Gartenbau in Deutschland. Dort werden Meister und Techniker sowie technische Assistenten der Gebiete Agrar- und Umweltanalytik ausgebildet.

Einleitung

Zur Erläuterung des gewählten Themas „Wassermanagement im Garten“ soll der Ausdruck Management bedeuten: Ein verantwortlicher Umgang mit einem knappen Gut. Zunächst wurde auf die Anomalie des Wassers eingegangen: Wasser hat bei 4 °C und nicht bei 0 °C seine größte Dichte. Es ist das wichtigste Lösungs- und Transportmittel innerhalb von Lebe­wesen. Damit hat Wasser eine hohe Bedeutung – nicht nur für den Garten. Analog stellt das Kohlendioxid CO2 einen wichtigen Faktor dar – nicht nur für den Klimawandel. Die resultierende „Weltformel“ der Fotosynthese, nach der aus Kohlendioxid und Wasser unter Einwirkung von Licht die Produkte Zucker und Sauerstoff entstehen, ist die Voraussetzung für das Leben auf der Erde, so wie wir es kennen. Sie lautet:

Kohlendioxid + Wasser -Licht-> Zucker + Sauerstoff
6 × CO2 + 6 × H2O -Licht-> C6H12O6 + 6 × O2

Wassergehalt

Verschiedene Wassergehalte von Pflanzen sind:

Pflanzenart Organ Wassergehalt in %
Tomate Frucht 95
Salat Blatt 95
Möhre Wurzel 88
Apfel Frucht 84

Zum Vergleich besteht der Mensch zu 63 Prozent und der menschliche Muskel zu 80 Prozent aus Wasser. Die Pflanze hat im Gegensatz zum Menschen einen offenen Kreislauf, indem Wasser von den Wurzeln auf­genommen und über die Blätter wieder abgegeben wird. Es ergibt sich ein Transpirationskoeffizient, den Wasserverbrauch von Pflanzen für die Bildung von 1 Kilogramm Trockenmasse (TM).

Wasserverbrauch von Pflanzen

Pflanzenart Wasserverbrauch in Liter pro kg TM
Ackersenf 910
Gemüse 300–900
Rotklee 700–800
Kartoffel 300–600
Mais 300–400
Buche 400
Kiefer 160

So ergab ein Versuch, dass ein Kaktus, eingesetzt in eine Hydrokultur, keinesfalls die Trockenheit liebt, er ist in einer trockenen Umgebung nur gut etabliert.

Für den Wasser„verbrauch“ von Pflanzen soll eine vereinfachte Beispiel­rechnung dienen: Ein Rekordkürbis mit einem angenommenen Frucht­gewicht von 610 Kilogramm besteht zu etwa 50 Kilogramm aus Trocken­masse. Bei einem Transpirationskoeffizient von 800 Litern pro Kilogramm TM ergibt sich ein Wasserbedarf von

50 kg TM × 800 Liter pro kg TM = 40.000 Liter

In Deutschland verbraucht jeder Bürger 126 Liter Wasser pro Tag, wobei hier nur mittels Wasseruhr gezähltes Wasser berücksichtigt ist. Tatsächlich liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei 4 Kubikmetern, also 4000 Litern pro Tag, davon könnten 41 bis 62 Prozent durch Regenwasser ersetzt werden. Für die Gartenbewässerung werden 1,8 Kubikmeter pro Person und Jahr verbraucht.

Kohlendioxid

Unter Zugrundelegung der „Weltformel“ für die Fotosynthese ist das verwendete Kohlendioxid einer der entscheidenden Faktoren für die Bio­masseproduktion, wobei das Produkt Zucker C6H12O6 der gewonnenen Biomasse einer Pflanze entspricht. Allgemein gilt, dass bei der Bildung von 1 Kilogramm Biomasse (TM) 2 Kilogramm Kohlendioxid CO2 gebun­den und 1,5 Kilogramm Sauerstoff O2 freigesetzt werden.

Beispiele:

Pflanzenart Biomasseproduktion CO2-Bindung O2-Freisetzung
kg TM/qm × Jahr kg/qm × Jahr kg/qm × Jahr
Kartoffel 1,2 2,4 1,8
Gemüse 1,8 3,6 2,7
Rasen 1,2 2,4 1,8

Als Beispiel aus dem Obstbau soll ein Birnbaum dienen: Ein 40 Jahre alter Birnbaum ist etwa 10 Meter hoch, hat 7 Meter Kronendurchmesser und besitzt etwa 300.000 Blätter, was einer Gesamtoberfläche von 7500 Quadrat­metern entspricht. Bei einem „Verbrauch“ von 4700 Litern Wasser verarbeitet der Baum 9 Kilogramm Kohlendioxid CO2 pro Tag. Dabei werden täglich 18.000 Kubikmeter Luft gereinigt. Der Baum lagert somit CO2 ein. Der umgekehrte Fall zur Assimilation wäre die Atmung, bei der CO2 und Wasser abgegeben werden.

Das benötigte Kohlendioxid hat in der Regel mehrere unterschiedliche Quellen. Einen kurzfristigen Umsatz stellt die Biomasse beispielsweise eines Komposts aus Blättern, Stängeln, Holz, aber auch aus Obst- und Gemüse­abfällen dar. Zum kurzfristigen Umsatz können auch nach­wachsende Rohstoffe gerechnet werden. Einen mittelfristigen Umsatz bietet Humus, während die Verwendung von Torf einen langfristigen Umsatz bedeutet. Der Verbrauch von Kohle und Erdöl (= fossiles CO2) schließlich ist ein extrem langfristiger Umsatz.

Klimawandel

Das Schlagwort wird täglich zitiert, das Thema oft diskutiert: Klimawandel – gibt es ihn wirklich? Was wird sich ändern? Das Klima ist nicht das Wetter oder die Witterung, Klima wird in 30-Jahres-Schritten gemessen und langfristig gewertet. Folgendes ändert sich:

  • Die Kohlendioxid-Konzentration in der Luft steigt. Einige der Aus­wirkungen sind, dass in unserer Region die Ertragsleistung von Pflanzen zunächst zunimmt, wenn die anderen Wachstumsfaktoren ausreichend vorhanden sind. Die Pfanzen profitieren von einer längeren Vegetationsperiode (vergleiche die Warmzeit während des „Goldenen Mittelalters“). Die Grundlage des Ertrags ist die Fotosynthese:
    Kohlendioxid + Wasser -Licht-> Zucker + Sauerstoff
    Im Produktionsgartenbau wird schon seit vielen Jahren eine so­genannte CO2-Düngung bis 5000 ppm praktiziert. In der Luft sind derzeit 390 ppm (Parts per Million, Millionstel) CO2, das entspricht etwa 0,04 Prozent, die jährliche Zunahme beträgt etwa 2 ppm.
  • Die Jahresdurchschnittstemperatur erhöht sich. Die Winter werden milder und die Sommer heißer. In der Folge werden die Sorten­empfehlungen an Gartenbaubetriebe angepasst: Vor zwei Jahren wurde bezüglich eines Artischockenanbaus angefragt, heute stehen bereits acht Sorten in der Testung. Im Gemüsebau gibt es praktisch keine Dauerkulturen außer Spargel, Rhabarber, und neuerdings Artischocke. Bei Kräutern ist durchaus mehr Aroma und Geschmack erwünscht, beides eine Folge von höheren Temperaturen.
  • Die Niederschlagsverteilung übers Jahr wird ungleichmäßiger. Die Winter werden niederschlagsreicher, die Sommer werden trockener. Es ist vermehrt mit Hitzeschäden, Sonnenbrand und Trockenheit zu rechnen. Auch der Befall mit neuen Krankheiten und Schädlingen wird zunehmen. Es wird gartenbauliche Nachteile für andere Regionen, zum Beispiel Südeuropa geben: Das Klima der Sahara „springt“ über das Mittelmeer.
  • Extreme Wetterereignisse nehmen zu. So ist vermehrt mit Starkregen, Stürmen, Hagel usw. zu rechnen. Sich häufender Starkregen führt zu Erosion, Verschlämmung und Stickstoff-Auswaschung. Als Kon­sequenzen für den Garten ergeben sich: Brachen sind möglichst zu vermeiden, hier bietet sich eine Zwischenbegrünung, auch evtl. Untersaaten an. Versuche mit Blumenkohl oder Zucchini, jeweils mit Weißklee als Untersaat werden bereits gemacht. Es wird sinnvoll sein, Mulchstreifen entlang der Höhenlinie (Topographie) anzulegen, auch Saat- und Pflanzreihen, Dämme und Wege sind der Topographie anzupassen.
  • Die Rahmenbedingungen, auch die rechtlichen, ändern sich. Fossile Energie wird teurer, in der Folge davon wird die Gewächs­hausproduktion teurer, Transport wird teurer. Zunehmend entsteht eine Konkurrenzsituation bei den vorhandenen Flächen, weil die Produktion von Nahrungsmitteln mit der von nachwachsenden Rohstoffen konkurriert. Als Konsequenz werden Nahrungs- und Zierpflanzen teurer werden. Allerdings dürfte damit der Obst- und Gemüsebau im Garten zukünftig noch interessanter werden! Auch die Düngemittel werden teurer. Die Herstellung von Stickstoffdünger (N) ist sehr energieintensiv: Für 1 Kilogramm N-Synthese wird 1 Liter Erdöl benötigt.

Management

Management ist der verantwortliche Umgang mit einem knappen Gut. Dies bedeutet unter anderem, Wasser effizient, das heißt sparsam einzusetzen sowie unproduktive Wasserverluste zu vermeiden oder zumindest zu mini­mieren. Regenwasser muss gesammelt und vermehrt genutzt werden. Bis zu 60 Prozent Trinkwasser lassen sich so einsparen. Vorfluter und Klär­anlagen könnten entlastet werden. Außerdem stellt Regenwasser die bessere Gießwasserqualität dar, insbesondere bei hartem Leitungswasser. Stickstoffünger muss effizient (sparsam) eingesetzt werden. Eine CO2-Bindung durch Humusanreicherung muss unterstützt werden und vieles mehr.

Wasser

Um Wasser sparsam bzw. effizient einsetzen zu können, ergeben sich Konsequenzen für die Anbauplanung. So können für die Kultur trocken­stress-verträgliche Pflanzen ausgewählt werden. Auch sind mehrjährige Pflanzen meist besser etabliert als einjährige. Pflanzen können abgehärtet werden, indem man zunächst von oben gießt, bis sich Feinwurzeln gebildet haben, und dann erst von unten – und vor allem auch weniger. Das treibt die Wurzeln auf ihrer Suche nach Wasser in die Tiefe. Tiefwurzelnde Pflanzen sind klar im Vorteil. Beispielsweise kann Salat bis zu einem Meter tiefe Wurzeln bilden. Auch ist hier eine Direktsaat ins Beet besser als die Anzucht in Schalen oder Töpfen, um die jungen Pflanzen später ins Beet zu versetzen, weil sich bei Direktsaat sofort eine tiefe Wurzel entwickelt, was für Trockenstress wesentlich günstiger ist.

Beispiele für den unterschiedlichen Wasserbedarf von Gemüsepflanzen im Garten:

bis 200 L/m² 200–400 L/m² 400–600 L/m² >600 L/m²
Endivie Blumenkohl Petersilie Möhre
Kopfsalat Buschbohne Sellerie Winterrotkohl
Spinat Einlegegurke Sommerweißkohl Rosenkohl
Rettich Kohlrabi Wirsing
Porree Puffbohne

Je nach Niederschlagsmenge und Flächennutzung sind zwischen 0 und 800 Liter Wasser pro Quadratmeter zusätzlicher Wassergabe erforderlich, für Kulturen im Gewächshaus bis zu 1000 Liter pro Quadratmeter.

Für eine Beregnung bzw. Bewässerung ergeben sich folgende Wassergaben je sinnvollen Gießvorgang:

Entwicklungsstand der Pflanzen Sandiger Boden Lehmiger Boden
L/m² L/m²
Frische Saat, Neupflanzung 10 15
Junge Bestnde 15 20
Ältere Bestände 20 25
Materialien zur Tropfbewässerung

Es ergeben sich auch Kon­sequenzen für die Kulturführung. Als eine wassersparende Bewässerung kann die Tropfbewässerung angesehen werden, nicht nur fürs Freiland, sondern zum Beispiel auch für Balkonkästen. Es gibt eine Vielzahl an Methoden und Materialien für die Tropfbewässerung, hier seien nur Tropfschläuche und sogenannte Spaghettitropfer genannt. Im Gewächshaus allerdings kann eine Versalzungsgefahr drohen, weil die Pflanzen nur solche Nährstoffe aufnehmen, die sie zum Wachstum benötigen, die restlichen verkrusten an der Erdoberfläche. Eigentlich herrscht ein semiarides Klima (Wüstenklima) im Gewächshaus, weil insgesamt weniger gegossen als verdunstet wird. Bei trockenem Klima gibt es übrigens weniger Pilze, dafür aber mehr Spinnmilben. Die Sprüh­nebelberegnung – insbesondere im Gewächshaus – ist eine weitere Alternative zur Wasserversorgung, weil damit eine gewünschte Temperatursenkung erzielt werden kann. Es wird in jedem Fall empfohlen, besser morgens zu gießen, denn Pilzsporen auf feuchtem Blatt können nach vier Stunden keimen.

Sich eine Zisterne auf dem Grundstück zu vergraben, um darin Regenwasser zu sammeln, ist monetär nur rentabel bei gleichzeitiger Nutzung im Haus und Garten. Rechtliche Aspekte sind hierbei zu beachten: Eine Zisterne ist bis 10.000 Liter Volumen genehmigungsfrei, jedoch anzeigepflichtig. Die Abwassergebührenordnung ist kommunales Recht.

Schlussfolgerungen

Für die Region Süddeutschland gilt nach den meisten Prognosen: Aus gartenbaulicher Sicht werden die klimabedingten Änderungen zunächst mehr Vorteile als Nachteile bringen. In vielen anderen Regionen von Deutschland (Küstenregion, Osten), von Europa und in der Welt, werden die Nachteile überwiegen. Wir leben alle auf dieser einen Erde! Daher steht als notwendige Forderung: Der Einsatz fossiler Energieträger muss minimiert werden!

Fragerunde und Diskussion

Dr. Michael Ernst, Staatsschule für Gartenbau, Stuttgart-Hohenheim

Für die anschließende Diskussion wurden einige Stichpunkte wie Anbau­planung, richtiges Gießen, mulchen, Humus an­reichern, Zwischen­begrünung, Leguminosen usw. genannt. Aspekte zu Fragen wie: Was ist möglich? Was ist sinnvoll? Was kann ich tun? wurden fokussiert. Ein Auszug aus den Fragen:

  • Man hört immer wieder, dass einmal hacken dreimal gießen spare, stimmt das? Dr. Ernst relativiert diese Aussage: „Einmal hacken spart einmal gießen.“‎
  • Bei einem nicht waagerecht verlegten Tropfschlauch soll die Wasser­einspeisung immer am oberen Ende erfolgen, weil sonst am unteren Ende ein Sumpf entsteht: Nach Abschalten läuft das sich im Schlauch befindliche Wasser zurück.
  • Wie kann bei einer Rasenberegnung festgestellt werden, wann eine ausreichende Menge Wasser ausgetreten ist? Es wird ein Glas auf den Rasen gestellt und die Zeit für die gewünschte Wassermenge nach Glasinhalt bestimmt.
Helmut Schmalz bedankt sich bei Dr. Michael Ernst

Über Bruno Böhmler

Jahrgang 1956. Fachwart für Obst und Garten seit 2003. Danach kamen immer weitere Qualifikationen hinzu, beispielsweise: LOGL-geprüfter Obstbaumpfleger, Heckengäu-Naturführer, kommunaler Baumwart (entspr. staatl. geprüft), Pflanzendoktor der Gartenakademie, FLL-zertifizierter Baumkontrolleur, Baumwertermittler.