Dachbegrünungs-Besichtigung in Nürtingen

Alle Bilder: Helmut Schmalz

Im Rahmen unseres diesjährigen Leitthemas „Urban Gardening“ (Städtisches Grün) waren neun interessierte Fachwarte der Einladung zu einer Betriebsbesichtigung der Firma ZinCo in Nürtingen am 8. September 2017 gefolgt. Die Firma ZinCo hat sich auf Dachbegrünungen spezialisiert, bietet aber auch Fassadenbegrünungssysteme an.

Spezielle Unterkonstruktionen für zu begrünende Dächer sind meist gar nicht extra erforderlich: Die Dächer sind sowieso für bestimmte Schneelasten ausgelegt, die auch eine Mindestbegrünung und das darin gespeicherte Wasser aushalten. Das aufgebrachte Substrat allerdings hat mit Erde nicht viel zu tun: Es besteht überwiegend aus Blähton und Tongranulat, vermischt mit Kompost. Flachdächer können so konstruiert werden, dass sie Wasser speichern, zusätzlich zu dem in den Pflanzen gespeicherten Wasser. Erst dann ist eine spezielle Konstruktion erforderlich.

Als Grundbepflanzung kommen anspruchslose Arten zum Einsatz: Dickblattgewächse wie Fetthenne (Sedum), Mauerpfeffer, aber auch andere Sukkulenten. Sedumpflanzen sind sehr robust und häufig blühen sie dekorativ. Sie sind Überlebenskünstler und wachsen auch dort, wo andere Pflanzen keine Chance mehr haben. In den fleischigen Blättern wird Wasser gespeichert. Interessant: Das „Saatgut“ von Sedum wird geerntet durch oberflächliches Abmähen. Es besteht aus frischen Schnittlingen und Blättern der Pflanzen, die sich nach Aufbringen bewurzeln, sie werden also vegetativ vermehrt.

Fassadenbegrünung bei ZinCo

Strukturpflanzen können Gräser sein, aber auch kleine Stauden bis hin zu Sträuchern und Bäumen. Dies ist selbstverständlich von der aufgebrachten Substrathöhe abhängig. Modern ist, dass Städte und Gemeinden Substrathöhen für Dachbegrünungen zumindest für Flachdächer vorschreiben können. Aber auch Schrägdächer bis etwa 30 Grad sind noch begrünbar. Hierdurch soll unter anderem der Bodenversiegelung zumindest ein stückweit entgegengewirkt werden. So fordert beispielsweise Nürtingen mindestens 5 cm Substrat, während in Stuttgart 12 cm gefordert werden, da eine Ansiedlung von weiteren Pflanzen gewünscht ist. Ein Weissbuch der Bundesregierung hierzu liegt seit Mai 2017 vor. Im Blickpunkt liegen Klimaschutz, Biodiversität, Hochwasservorsorge und anderes. Auf dem Dach der Fachhochschule Nürtingen zum Beispiel haben sich wilde Orchideen angesiedelt.

Sollen auf dem Dach auch Schotterbereiche angelegt werden, so wird hierfür ein speziell hergestellter Glasschaum-Schotter (Foam Glass) verwendet. Hierbei wiegt ein Kubikmeter dieses Schotters nur 200 kg, normaler Schotter kommt auf gut 2000 kg pro Kubikmeter.

Die Firma ZinCo bietet neben Dachbegrünungen auch Wand- und Fassadenbegrünungen an. Hierzu werden 8 cm dicke Kunststoffelemente verwendet. Diese sind mit Substrat gefüllt; hinter den Elementen ist ein Vlies verlegt, welches von oben genässt wird. Die Pflanzen entnehmen das zum Wachstum benötigte Wasser, der Überschuss fließt am unteren Ende der Fassadenbegrünung in eine Rinne und wird aufgefangen. Eine Wandbegrünung allerdings ist verhältnismäßig teuer: So kostet ein Quadratmeter etwa 1000 Euro, während man für einen Dachgarten eher im Bereich von 50 Euro liegt.

Über Bruno Böhmler

Jahrgang 1956. Fachwart für Obst und Garten seit 2003. Danach kamen immer weitere Qualifikationen hinzu, beispielsweise: LOGL-geprüfter Obstbaumpfleger, Heckengäu-Naturführer, kommunaler Baumwart (entspr. staatl. geprüft), Pflanzendoktor der Gartenakademie, FLL-zertifizierter Baumkontrolleur, Baumwertermittler.

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