Sommerschnitt im Obstsortenmuseum 2018

Sommerschnitt im Obstsortenmuseum Häsel 2018
Einige glückliche Teilnehmer

Der diesjährige Sommerschnitt fand an insgesamt drei Terminen statt, zusammen beteiligten sich 19 Fachwarte. Beim ersten Termin am 21. Juli 2018 wurden nur Süßkirschen behandelt, teilweise waren auch Hochstammsanierungen fällig, hierbei war es unumgänglich, auch Sägeschnitte im Starkastbereich durchzuführen, durchaus auch unter Zuhilfenahme der Motorsäge. Die achte Kirschwoche war zu diesem Zeitpunkt deutlich um, es gab keinerlei Früchte mehr. Leider sorgte ein einsetzender kräftiger Regen für ein abruptes Ende der Aktion, der Abschluß fand im Vereinsheim des OGV Rutesheim bei Getränken und Butterbretzeln statt. Man kam kurzerhand überein, am darauffolgenden Samstag einen Folgetermin wahrzunehmen.

Auch beim zweiten Termin am 28. Juli 2018 lag der Schwerpunkt auf dem Schnitt der Süßkirschen. Diesmal war das Wetter bewölkt und versprach ein angenehmes Arbeiten. Es kamen hauptsächlich Stangensägen und Schneidgiraffen zum Einsatz, aber auch wieder Hochentaster und Motorsäge. Fast immer waren auch Leitern erforderlich, insofern eine doch schweißtreibende Arbeit, vor allem auch, weil es nachmittags zunehmend schwül wurde. Schade: Leider musste unten herum im Handbereich viel Totholz entfernt werden, und viele Triebe mit vorzeitig gelben Blättern signalisieren einen weiteren Lichtmangel. Die Kirschbäume scheinen allesamt viel zu hoch, es zeigt sich, dass sie wohl sämtlich die höchsten Bäume im Obstsortenmuseum Häsel sind. Allgemein kann man sagen, dass vor allem Stämmlinge reduziert und Kroneninneres gelichtet wurde, wir haben dabei allerdings versucht, darauf zu achten, dass nicht über 25 Prozent aus den Kronen und gemäß FLL-Richtlinie keine Äste mit mehr als 10 cm Durchmesser entnommen wurden.

Es fällt auf, dass einige Bäume Absterbeerscheinungen zeigen, teilweise wird bereits eine Sekundärkrone ausgebildet, dies wurde von uns nach Möglichkeit gefördert. Was sonst noch erwähnenswert ist: Hauptsächlich Zweigdürre (Monilia) und Lichtmangel ist feststellbar, jedoch kein Gummifluß. Auch sitzen manche Sortenschilder zu eng, der Befestigungsdraht muss bald ausgewechselt werden. Eine exakte Buchführung über die Pflegemaßnahmen mittels Baumliste ist unabdingbar und wird durchgeführt. Ein Zapfenschnitt, zumindest an Tragästen ausgeführt, wirkt positiv, teilweise ist eine erfreuliche Neutriebbildung aus altem Holz durch eine solche vorangegangene Schnittmaßnahme zu beobachten. Die Süßkirschenbäume zeigen deutlich einen Pflegerückstand, jedoch nehmen sie insgesamt eine gute Entwicklung.

Die beteiligten Fachwarte brachten ihr Wissen und ihre Erfahrungen ein, wobei jeder durchaus seine eigene Schnittphilosophie zu verfolgen vermag; dies darf jedoch sein, weil so mancher andere Schwerpunkte setzt. Daher wurde auch viel untereinander diskutiert. Auffällig war auch, dass es bei Süßkirschen kaum zur Druckholzbildung zu kommen scheint, und so manche Äste haben sich über Jahre hinweg statisch stabilisiert – das heißt: sie stützen sich gegenseitig. Hängendes Fruchtholz wurde nur entfernt, wo es für die Saftverteilung im Fruchtast für eine zukünftige Entwicklung erforderlich war, da die Fruchtqualität am hängenden Fruchtholz bei Süßkirsche nicht schlechter ist als am stehenden Holz. Die Oberkronen wurden nach Möglichkeit verschlankt.

Währenddessen bemerkten wir, dass sich uns unbekannte Leute sehr für unser Schnittgut zu interessieren schienen. Es stellte sich heraus, dass Mitglieder des OGV Rutesheim und deren Freunde einen Teil der abgeschnittenen Äste für eine Benjes-Hecke im oberen Teil des Häsel gut gebrauchen konnte.

Nachmittags kam ein Schäfer aus Leonberg vorbei und es entwickelte sich ein interessantes Gespräch zwecks eventueller Beweidung des Unterbewuchses. Für eine wirkliche Überraschung sorgten fünf Besucher aus Mainz auf ihrem Weg in den Urlaub Richtung Süden: Sie hatten während der Vorbeifahrt auf der Autobahn das Häsel entdeckt, verließen daraufhin die Autobahn und waren findig der Beschilderung „Obstsortenanlage“ gefolgt. Nun standen sie begeistert hier, erzählten von ihren eigenen Obstbäumen, Aktivitäten und Erfahrungen und hatten es plötzlich gar nicht mehr eilig, weiterzureisen!

Nach Beendigung der Schnittaktion setzte ein fünfminütiger starker Regenschauer ein, den die noch anwesenden Fachwarte geschützt im Auto überdauerten. Danach war es dann wieder schön. Eine kleine Gruppe von Fachwarten traf sich noch zum gemeinsamen Kaffeetrinken: Das Fachsimpeln über unsere Themengebiete ist doch stets interessant.

Beim dritten Termin schließlich am 15. September 2018 konnten einige Apfelbäume geschnitten werden. Das Wetter war bedeckt und trocken, ein idealer Tag zum Arbeiten im Freien. Es wurden gezielt nur Bäume behandelt, die bereits abgetragen waren, um keine Ernteverluste beklagen zu müssen. Somit wurde dieser Sommerschnitt zum „vorgezogenen Winterschnitt“. Die beteiligten Fachwarte hatten viel Freude bei ihrer Arbeit.

Über Bruno Böhmler

Jahrgang 1956. Fachwart für Obst und Garten seit 2003. Danach kamen immer weitere Qualifikationen hinzu, beispielsweise: LOGL-geprüfter Obstbaumpfleger, Heckengäu-Naturführer, kommunaler Baumwart (entspr. staatl. geprüft), Pflanzendoktor der Gartenakademie, FLL-zertifizierter Baumkontrolleur, Baumwertermittler.